Präzision, Richtigkeit und Genauigkeit


Ich habe manchmal mit Wettfreunden Diskussionen, ob es besser sei, „genau“ zu rechnen, beispielsweise in Excel mit unendlich vielen Nachkommastellen statt nur 2, und ob die Funktion in Excel „Genauigkeit wie angezeigt“ die Berechnungen „ungenau“ macht.

An dieser Stelle daher ein kurzer Ausflug in drei Begriffe der Statistik: Präzision, Richtigkeit und Genauigkeit. Diese Begriffe kommen sehr, sehr häufig im täglichen Sprachgebrauch vor – jedoch leider werden diese nicht immer korrekt verwendet (und/oder verstanden).

Junge Geschäftsfrau mit TaschenrechnerBild: paffy (Shutterstock)

Präzision (engl. precision)

Die Präzision ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen Messergebnissen. Liegen viele Messwerte dicht beieinander, so hat die Messmethode eine hohe Präzision.

In Fußballsprache… Die Präzision ist die Übereinstimmung der Ergebnisse (beobachtete Hitrate). Liegt die Zahl der gewonnenen Wetten (z.B. man wettet in Gruppen von 100, und in jeder Runde gewinnen zwischen 68 und 72 der Wetten) dicht beieinander, so hat die Kalkulationsmethode eine hohe Präzision.

Richtigkeit (engl. trueness, accuracy of the mean)

Die Richtigkeit ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen dem Mittelwert der Beobachtungen und dem anerkannten Referenzwert (der Voraussage, was dieser Mittelwert sein wird).

Wenn der Mittelwert aus vielen Versuchen gut mit dem erwarteten Wert übereinstimmt, so ist die Richtigkeit hoch. Dies sagt nichts darüber aus, wie stark die einzelnen Werte streuen.

In Fußballsprache… Die Richtigkeit ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen der Erwartung und tatsächlicher Hitrate. Ist die Zahl an Spielergebnisse wie erwartet (Hitrate entspricht der kalkulierten Wahrscheinlichkeit), so hat die Kalkulationsmethode eine hohe Richtigkeit.

Genauigkeit (engl. accuracy)

Der Begriff Genauigkeit wird (fälschlicherweise) häufig mit Präzision gleichgesetzt. Die Genauigkeit ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen dem (einzelnen) Messergebnis und dem wahren Wert der Messgröße. Eine hohe Genauigkeit kann man nur erreichen, wenn sowohl die Präzision als auch die Richtigkeit gut sind.

Das Hauptproblem beim Kalkulieren von Wettquoten für Fußballspiele ist die (statistisch) geringe Anzahl an Spielen. Das andere Problem ist, dass es unmöglich ist, in großen Gruppen mit derselben Wahrscheinlichkeit zu wetten (beispielsweise in Gruppen von 100, alle Wetten mit einer 70% Wahrscheinlichkeit, wie als Beispiel bei der Definition von Präzision gegeben).

Egal wie man Fußballwetten angeht, eine hohe Genauigkeit lässt sich nicht erreichen, denn eine hohe Präzision ist einfach nicht erreichbar.

Richtigkeit ist der Mittelwert & Präzision ist der Standardfehler

Es gibt einen Hauptmerksatz in der Statistik:

Je größer der Stichprobenumfang, desto kleiner der Standardfehler.

Umgekehrt heißt das natürlich auch:

Je kleiner der Stichprobenumfang, desto größer der Standardfehler.


Am einfachsten kann man sich die Begriffe „Richtigkeit“, „Präzision“ und „Genauigkeit“ bei einem Dart-Spiel vorstellen.

Hat der Spieler eine gute Richtigkeit, so trifft er im Mittel ins Schwarze. Allerdings hilf ihm das wenig, wenn die Präzision seiner Würfe schlecht ist (das ist dann eine nur „akzeptable“ Genauigkeit).

Umgekehrt kann ein Spieler mit einer ruhigen Hand eine sehr gute Präzision erzielen, und trotzdem permanent neben das Zentrum der Scheibe treffen (2. Bild von links, das hat dann nichts mit Genauigkeit zu tun).

Präzision, Richtigkeit, Genauigkeit

Überträgt man diese Unterscheidung zwischen Richtigkeit und Präzision auf die Statistik, so liegt es auf der Hand, dass die Richtigkeit durch den Mittelwert beschrieben werden kann, die Präzision durch den Standardfehler.

Mittelwerte lassen sich einfach ausrechnen:

BL1 2010-11 bis 2014-15 - goal distribution in percentVerteilung in Prozent – Bundesliga Tore 2010-11 bis 2014-15

Die Standardfehler ebenfalls:

BL1 - Standard Deviation OU Goals GraphRelative Standardabweichungen „mehr als / weniger als X Toren“ – 1.530 Spiele von 2010-11 bis 2014-15

Dass beispielsweise ein Spiel mehr als 0,5 Toren hat, hat eine Standardabweichung von nur 2,15%. Aber auch kein Wunder, diese Gruppe enthält 1,433 Spiele.

Andererseits, die Chance, dass ein Spiel mit weniger als 0,5 Toren endet (also ein 0-0 Ergebnis wird), hat eine Standardabweichung von 31,69%. Wieder kein Wunder – die Gruppe ist winzig und enthält nur nur 97 Spiele in 5 Jahren.

Beide Screenshots sind übrigens Teil meines Mehr als/ Weniger als X Tore Kurses, in welchem ich Wettquotenkalkulation in tiefstem Detail erkläre. Ich gehe daher in diesem Artikel nicht darauf ein, wie sich die obigen Zahlen ausrechnen lassen und der Graph entsteht.


Was ich in diesem Artikel zum Ausdruck bringen möchte, ist… Mit Fußballwetten ist eine hohe Genauigkeit nicht erreichbar. Man kann ganz sicher eine gute Richtigkeit erreichen, jedoch nur eine geringe Präzision.

Die recht hohen Standardabweichungen (Standardfehler) aufgrund der kleinen Datenmengen (Stichproben) erlauben einfach keine hohe Präzision.

Was jedoch überhaupt kein Problem ist, ist mit ein wenig Kalkulation (beispielsweise mit dem Value Kalkulator) die erwartete Häufigkeit (die Mittelwerte) zu ermitteln. Die Zahl an Spielergebnissen ist mehr oder weniger wie erwartet (Abweichung ± 2,5%), damit hat diese Kalkulationsmethode eine hohe Richtigkeit.

Mit dem Value Kalkulator erreicht man somit eine „akzeptable Genauigkeit“, jedoch nicht mehr! Und diese wird auch nicht besser, wenn wir die erwartete Häufigkeit (Mittelwerte) mit 3 Nachkommstellen rechnen, oder aufs Runden (in Excel: „Genauigkeit wie angezeigt“) verzichten.

Wie immer, Danke für’s Lesen! Und ich freue mich immer sehr über Kommentare 🙂


Last Update: 5 Januar 2018

Kategorien:Lernzentrum Wettquoten Kalkulation



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